Aus der Liebe zu ihrem Instrument

Im Interview spricht Elke Hoffmann-Kittel über das Ensemble des Ersten Akkordeonorchesters Harmonia

Steht für hochklassige Musik: Das Erste Akkordeonorchester Harmonia

STOLBERG Beim Benefizkonzert des Stolberger Musiksommers wirken neben dem Kleinen Chor Breinig-Schevenhütte und einem Sax-Trio der Musikschule Merz auch das Ensemble des Ersten Akkordeonorchesters Harmonia mit. Während das große Orchester sein 70-jähriges Bestehen mit einem Jubiläumskonzert im November feiert, besteht das Ensemble um Elke Hoffmann-Kittel in diesem Jahr 25 Jahre. Warum es gegründet wurde, welche Voraussetzungen zum Mitmachen erfüllt sein müssen und welche Stücke die Damen und Herren spielen hat die Gründerin im Gespräch mit Marie-Luise Otten erzählt.

Was war Ihre Motivation, vor 25 Jahren das Ensemble zu gründen?
Hoffmann-Kittel: Meine Motivation war – aus Liebe zum Instrument – noch mehr und vor allem „andere“ Akkordeonmusik zu spielen. So, wie es in der Klassik eben auch Werke für ein Streichquartett gibt und solche für ein großes Sinfonieorchester, die sich vom Klang natürlich sehr unterscheiden. Darüber hinaus gibt es Literatur, die mit einer kleineren Besetzung einfach besser interpretiert werden kann. Originalmusik für Akkordeon, aber auch gute Bearbeitungen gehobener Unterhaltungsmusik gehören dazu. Es wird leider viel schlechte Musik mit dem Akkordeon gemacht – darunter leidet allzu oft der Ruf dieses facettenreichen und vielseitig einsetzbaren Instruments, das im Allgemeinen ja eher dem volkstümlichen Bereich zugeordnet wird.

Welche Voraussetzungen braucht der Spieler, um in dieser Gruppe mitzuwirken?
Hoffmann-Kittel: Der Spieler braucht eine sehr gute Spieltechnik, aber vor allem eine besondere Musikalität und musikalisches Einfühlungsvermögen. Das Spiel ohne Dirigent erfordert außerdem eine hohe Aufmerksamkeit und ein gutes Miteinander.

Muss der Betreffende vorspielen?
Hoffmann-Kittel: Nein. Die Spieler des Ensembles sind sehr lange Zeit auch Spieler der Harmonia. Wir kennen uns schon viele Jahre, und wir wissen auch um die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft eines jeden einzelnen.

„Es wird leider viel schlechte Musik mit dem Akkordeon gemacht – darunter leidet allzu oft der Ruf dieses facettenreichen und vielseitig einsetzbaren Instruments, das im Allgemeinen ja eher dem volkstümlichen Bereich zugeordnet wird.“                           Elke Hoffmann-Kittel

Spielt jeder aus dem Ensemble auch bei der Harmonia mit?
Hoffmann-Kittel: Ja, bisher haben alle Ensemble-Spieler auch bei der Harmonia mitgespielt.

Gibt es für das Ensemble einen zweiten Probentag, wenn ja, wo?
Hoffmann-Kittel: Nein, wir proben auch am Freitag, eine Stunde lang, vor der Probe des großen Orchesters.

Wie sieht das Repertoire aus? Wer bestimmt die Stücke?
Hoffmann-Kittel: Wie bereits erwähnt ist das Repertoire breit gefächert. Wir spielen eigens für das vergleichsweise junge Instrument komponierte Werke, aber ebenso Bearbeitungen klassischer Werke, Tangos, Musettes und Kompositionen aus Rock, Pop und Jazz. In der Regel suche ich die Stücke aus. Ich freue mich aber immer über Vorschläge der Spieler. Insbesondere für das Benefizkonzert haben wir einige Akkordeon-Klassiker ins Programm genommen, aber auch Stücke, die man sicherlich nicht sofort mit diesem Instrument verbindet.

Wie sieht die Besetzung aus? Wie viele Abgänge, wie viele Neuzugänge haben Sie?
Hoffmann-Kittel: Das Ensemble besteht zur Zeit aus neun Spielern. Vier verschiedene Stimmen sind mit je zwei Spielern besetzt, vergleichbar mit verschiedenen Registern bzw. Instrumenten in anderen Orchestern. Ein Spieler übernimmt die Bass-Stimme, übrigens die einzige elektronisch verstärkte Stimme. Ab und zu verlässt ein Spieler die Gruppe. Es ist dann durchaus schwierig, diese Lücken nachzubesetzen. Bisher haben wir jedoch immer eine gute Lösung gefunden. Aber auch externe Bewerber wären jederzeit willkommen.

„Junge Menschen sind immer für Musik zu begeistern. Das Erlernen eines Instruments erfordert jedoch immer auch großes Engagement und Unterstützung durch die Eltern – das betrifft nicht nur die Kosten für den Musikunterricht, sondern auch das Interesse an dem, was die Kinder leisten.“      Elke Hoffmann-Kittel

Wie viele Auftritte stehen pro Jahr im Durchschnitt und für welche Anlässe an?
Hoffmann-Kittel: Wir haben durchschnittlich zwei Auftritte im Jahr. Dazu gehören natürlich unser großes Jahreskonzert der Harmonia im November sowie Kirchenkonzerte. Wir freuen uns auch über die Teilnahme an Stolberger Veranstaltungen wie dem Stolberger Musiksommer, insbesondere wenn sie einem guten Zweck dienen. Schon immer hat die Harmonia auch selbst Benefizkonzerte gegeben, und somit ist eine Aktion wie das Konzert „Stolberger musizieren für Stolberger“ ein besonderer Anreiz.

Nehmen Sie auch an Wettbewerben teil?
Hoffmann-Kittel: Nein, wir haben uns dazu entschlossen, nicht mehr an Wettbewerben teilzunehmen, wie es in früheren Jahren eher üblich war. Natürlich erinnern wir uns trotzdem gerne an Erfolge wie das Internationale Akkordeon-Festival in Innsbruck, bei dem unser Ensemble 1998 in der Höchststufe mit dem Prädikat „hervorragend“ zu den Preisträgern zählte. So eine Teilnahme erfordert aber eine intensive und lange Vorbereitungszeit mit dem Fokus auf nur ein oder maximal zwei Stücke. Wir hingegen haben einfach große Spielfreude und mögen die Abwechslung beim Repertoire.

Treffen Sie sich auch außerhalb der Probenzeit?
Hoffmann-Kittel: Außerhalb der Probenzeit treffen sich die Ensemblespieler bei den Veranstaltungen und Feiern im Verein 1. Stolberger Akkordeonorchester Harmonia. Dazu gehören Wandertage, Weihnachtsfeiern, aber auch gelegentlich gemeinsame Urlaubsreisen.

Ist es immer schwieriger, junge Menschen für die Musik zu begeistern?
Hoffmann-Kittel: Nein, das glaube ich nicht. Junge Menschen sind immer für Musik zu begeistern. Diese Erfahrung haben wir auch bei unseren Schnupperkursen gemacht, die die Harmonia mit unserem Dirigenten und Musikpädagogen Carlo Plaum seit über zehn Jahren anbietet. Das Erlernen eines Instruments erfordert jedoch immer auch großes Engagement und Unterstützung durch die Eltern – das betrifft nicht nur die Kosten für den Musikunterricht, sondern auch das Interesse an dem, was die Kinder leisten. Darüber hinaus fällt es heute vielen Kindern schwer zu begreifen, dass zum Erlernen eines Instruments regelmäßiges Üben gehört, das macht zugegebenermaßen nicht immer Spaß. Bei dem heutigen Angebot an Freizeitbeschäftigungen bleibt dieses Hobby dann oft auf der Strecke. Umso mehr freut es uns dann natürlich, wenn Spieler bis ins Erwachsenenalter durchhalten und im großen Orchester vollwertige wertvolle Mitspieler werden. Um Nachwuchs zu gewinnen, gestaltet die Harmonia deshalb im Jubiläumsjahr 2020 ein besonderes Familienkonzert. Es findet statt am 9. Mai im Kulturzentrum Frankental mit einem extra auf das junge Publikum zugeschnittenen Programm.

 

Mit freundlicher Genehmigung aus der Stolberger Zeitung vom 18. Januar 2020