Wunderbar beschwingt und klar gespielt

Beim „Piano Euregio Award“ verzaubert der virtuose Pianist Matteo Cardelli die Zuhörer mit seiner ausgefeiltenSpieltechnik

Mit dem Finalisten des diesjährigen „Euregio Piano Awards“ zauberte der Stolberger Musiksommer im 7. Konzert wahrlich einen wahren Klaviermeister aus dem Hut. Der virtuose Matteo Cardelli hatte nicht nur die Jury in Geilenkirchen durch ausgefeilte Spieltechnik und großes Einfühlungsvermögen überzeugen können, auch in Stolberg waren die Zuhörer, von denen mehr als die Hälfte aus Eschweiler den Weg nach Stolberg gefunden hatten, nach seinem Spiel aus dem Häuschen und überschütteten ihn mit lang anhaltendem Beifall.

Gleich im ersten Stück, der „Waldsteinsonate“ von Ludwig van Beethoven, zeigte Cardelli sein Können. Peter Verhees hatte die Moderation übernommen und erklärte, dass diese Sonate zu den großen Werken der klassischen Musikliteratur zählt. Sie steht am Anfang des Beethovenschen Sonatenwerkes und ist auf virtuose Wirkung von barocker Kraft und Fülle angelegt und ein Paradestück für jeden Klaviervirtuosen. Ihren Namen verdankt sie Graf Ferdinand Ernst von Waldstein, einem Mäzen Beethovens, dessen 250. Geburtstag 2020 gefeiert wird. Der 27-jährige aus der Regio Emilia-Romagna stammende und jetzt in Basel lebende Pianist wusste die drei Sätze überzeugend und fesselnd darzubieten.

Kaum ein anderer großer Komponist hat sich in seinem Schaffen so sehr auf sein Instrument konzentriert wie Frédéric Chopin auf das Klavier. Er schuf eine Fülle beseelter Musik, die leidenschaftlich, stürmisch, melancholisch und träumerisch ist. „Die Fantasie in f-Moll, Op. 49“ schrieb er 1841 im Alter von 31 Jahren. Das Stück lebt von der Kraft der Improvisation. Cardelli versank geradezu in die malerisch fantasievollen Sequenzen sowie in die schmerzvoll nach innen angelegten Formabschnitte.

Das „Scherzo Nr. 3, Op 39 in cis-Moll“, das Chopin 1839 auf der Insel Mallorca begonnen und Anfang 1840 an seinen Verleger verschickt hatte, ist eine Huldigung an das Sonaten- und Symphonie-Scherzo von Beethoven, das hier aus dem zyklischen Zusammenhang gelöst und zum romantischen Klavierstück umgedeutet wird, woran später Brahms und andere anknüpften. Neben panischer Unruhe gab es auch einen ruhigen Mittelteil, der durch impressionistische Passagen unterbrochen von dem Künstler wunderbar beschwingt, zart und klar gespielt wurde.

Die kurzen, melodischen „Mazurken Op. 33“ zeugen von Chopins Stolz, Witz, Mut und seiner slawisch-polnischen Melancholie. Cardelli spielte sie erfrischend und geistreich. Er hatte selbst richtig Spaß bei seinem Tun und versprühte mit seinem ausdrucksstarken Spiel einfach gute Laune.

Das letzte Stück war Robert Schumann gewidmet. Die „Symphonischen Etüden Op. 13“ sind ein Standardwerk der Klavierliteratur. Zu verdanken hat Schumann das Thema dieser Variationen dem Baron von Fricken, dem Vater seiner zeitweise Verlobten Ernestine. Das ganze Werk durchzieht eine merkwürdige Stimmung: Melancholie und Euphorie, introvertierte Innigkeit und extrovertierte Lust am Hinaussingen. Es kommt Florestan und Eusebius entgegen, zwei Phantasiefiguren Schumanns, die er während seiner Tätigkeit als Musikkritiker kreierte und die in den Sinfonischen Etüden für Klavier auch kompositorisch am Werk waren.

Während Eusebios für den besonnenen Traditionalisten steht, verbirgt sich hinter Florestan der neugierige Avantgardist. Zwischen den beiden steht als Vermittler die Figur des Meister Raro. Die Figuren waren zugleich ein Abbild Schumanns Seelenzustandes, von denen er in jungen Jahren glaubte, drei (Seelen) zu haben. Der Variationszyklus wurde für den renommierten Komponisten schnell ein Erfolgsstück. Die Liebelei mit Fräulein von Fricken dagegen verlief im Sande, weil Clara Wieck bald Schumanns Herz eroberte. Matteo Cardelli spielte die einzelnen Charakterstücke phantasievoll und sinnlich. Sein Stolberger Debüt beendete er mit einer bemerkenswerten „Bagatelle“ (Op. 26, 3) von Ludwig van Beethoven.

Mit freundlicher Genehmigung aus den Stolberger Nachrichten vom 20. September 2019